Adelaide ist eine Stadt mit entspanntem Lebensrhythmus, die dennoch voller Überraschungen steckt. Jedes Mal, wenn ich vom Stadtzentrum nach draußen blicke, scheint der Stadtrand wie ein zarter Schleier zu sein, durch den ein sanftes Licht scheint. Hinter diesem Schleier verbergen sich zahlreiche kleine, noch unentdeckte Orte – manche liegen direkt am Meer, andere versteckt zwischen Reben, manche sind ruhig und geschichtsträchtig, andere wiederum lebendig und kreativ. Und das Erstaunlichste ist: In Adelaide kann man an nur einem Tag sowohl eine frische Meeresbrise genießen als auch edlen Wein zwischen sanften Hügeln verkosten – ein fließender Wechsel zwischen Stadt und Land, wie geschaffen für Genießer.
Ich möchte heute eine meiner liebsten „Zwei-in-eins“-Routen mit dir teilen: Am Vormittag geht es in die Küstenorte Glenelg und Port Noarlunga, am Nachmittag dann ins Herz des Weins – nach McLaren Vale. An nur einem Tag kannst du das Meer sehen, guten Wein trinken, entspannen und dich inspirieren lassen. Ganz gleich, ob du in Adelaide wohnst, gerade angekommen bist oder einen Wochenendausflug planst – diese Tour ist jede Minute wert.
Erste Station: Glenelg – Adelaides sonnige Visitenkarte
Vom Stadtzentrum aus erreicht man Glenelg in etwa 25 Minuten mit dem Auto oder mit der klassischen Straßenbahn. Glenelg ist einer der beliebtesten Küstenorte Südaustraliens – mit breiten Sandstränden, feinem, hellem Sand, glitzerndem Wasser und der lebendigen Einkaufsstraße Jetty Road.
Ich komme gerne früh am Morgen hierher, wenn der Strand noch fast leer ist. Der Sand wirkt frisch und sauber, als hätte jemand über Nacht aufgeräumt. Barfuß gehe ich über den Strand bis ans Ende des langen Holzstegs hinaus, wo die Sonne langsam über dem Meer aufgeht und das Wasser in flüssiges Gold verwandelt. Möwen kreisen über mir, während vereinzelte Frühschwimmer an mir vorbeiziehen – in solchen Momenten spürt man die gesunde, freie Lebensart dieser Stadt besonders intensiv.
Wenn du, wie ich, morgens auf deine Kaffeerituale bestehst, lohnt sich ein Spaziergang entlang der Jetty Road. Zahlreiche Cafés laden zum Verweilen ein. Besonders angetan hat es mir das St Louis House of Fine Ice Cream & Dessert – ihr heißer Latte und die frischen Waffeln sind der perfekte Start in den Tag. Danach empfehle ich einen Besuch im Bay Discovery Centre, einem kleinen Museum zur Geschichte und maritimen Kultur Glenelgs. Die Ausstellung ist nicht groß, aber liebevoll kuratiert und gibt einen spannenden Einblick in die Entwicklung des Ortes.
Für Familien mit Kindern gibt es in Glenelg ein besonderes Highlight: The Beachhouse – ein Wasserpark mit Rutschen, Booten und einem Spielcenter. Auch wer den Park nicht besucht, kann das große Riesenrad davor als schönes Fotomotiv nutzen.
Zweite Station: Port Noarlunga – Das geheime Paradies für Taucher
Südlich von Glenelg, etwa 45 Autominuten entfernt, liegt Port Noarlunga – ein kleiner Ort, der oft übersehen wird, aber mit einzigartiger Natur überrascht. Anders als Glenelg ist Port Noarlunga ruhiger, fast schon verträumt, mit dramatischen roten Klippen und einem faszinierenden Ökosystem unter Wasser. Kein Wunder, dass er bei Tauchern und Naturliebhabern sehr beliebt ist.

Ein Muss ist der hölzerne Steg, der weit ins Meer hinausführt. Von dort eröffnet sich ein Panorama: zur einen Seite türkisfarbenes, klares Wasser, in dem man den Meeresboden sehen kann, zur anderen Seite die markanten roten Klippen. Bei Ebbe zeigen sich kleine Wasserbecken, in denen sich Fische und Krabben tummeln – ein Paradies für Kinder und Hobbybiologen.
Der eigentliche Schatz liegt jedoch unter der Wasseroberfläche. Das Port Noarlunga Reef ist ein geschütztes Meeresreservat mit farbenfrohen Korallen und vielfältiger Unterwasserfauna. Wer schnorchelt, erlebt ein stilles, farbenreiches Wunderland, in dem sich Algen im Rhythmus der Strömung wiegen und bunte Fische vorbeiziehen – ein Erlebnis, das tief berührt.
Auch wer nicht ins Wasser möchte, kommt auf seine Kosten. Der Spazierweg entlang der Klippen – die Esplanade – bietet großartige Ausblicke und die Gelegenheit, der Kraft von Wind und Wellen zu lauschen. Danach lohnt sich eine Pause im Café, zum Beispiel im Agatha’s Café. Mit einem Eiskaffee in der Hand und Blick aufs Meer kann man hier wunderbar verweilen – als wäre die Zeit stehen geblieben.
Dritte Station: McLaren Vale – Das Herz des südaustralischen Weins
Gegen Mittag fahre ich von Port Noarlunga weiter südlich – nach etwa 20 Minuten erreicht man McLaren Vale, eine der renommiertesten Weinregionen Australiens. Viele kennen den Barossa Valley, aber McLaren Vale steht ihm in nichts nach – im Gegenteil: Mit seiner Nähe zur Küste, seinem mediterranen Klima und seiner kreativen Winzerszene ist er in vielerlei Hinsicht sogar noch spannender.
Was McLaren Vale so besonders macht, ist nicht nur der Wein, sondern auch die Verbindung aus Natur, Kunst und Kulinarik. Schon bei der Fahrt durch die hügelige Landschaft fällt es mir schwer, nicht ständig anzuhalten: Die Reben winden sich über sanfte Hügel, das Licht spielt auf den Blättern – hier möchte man einfach bleiben.
Mein erster Halt ist meist das Weingut d’Arenberg mit seinem berühmten Cube – einem avantgardistischen Würfelbau, der wie ein Kunstwerk mitten im Weinberg steht. Innen ist er ein Mix aus Museum, Kunstraum und Degustationsbar. Die Weinproben im obersten Stockwerk mit Blick auf die Reben sind ein echtes Erlebnis. Besonders der Shiraz dieses Hauses – kraftvoll, vollmundig, dennoch elegant – ist für mich jedes Mal ein Highlight.
Wer es natürlicher und bodenständiger mag, dem empfehle ich Alpha Box & Dice oder Coriole. Alpha Box & Dice hat einen unkonventionellen, jungen Stil und veranstaltet regelmäßig kleine Konzerte oder Ausstellungen. Coriole hingegen liegt auf einem alten Gutshof und bietet neben traditionellen Rebsorten auch italienische Spezialitäten wie Sangiovese und Fiano – perfekt für heiße Tage.
Doch nicht nur der Wein überzeugt – auch kulinarisch ist McLaren Vale ein Fest. Besonders gern kehre ich im Salopian Inn ein, einem Restaurant, das asiatische und mediterrane Küche kreativ vereint. Die Ochsenschwanz-Dumplings und der Chili-Kalmar harmonieren hervorragend mit einem Glas Weißwein. Die Atmosphäre ist entspannt, der Service aufmerksam und herzlich.
Wenn noch Zeit bleibt, lohnt ein Abstecher ins nahegelegene Willunga. Jeden Samstag findet hier der Willunga Farmers Market statt – einer der besten Bauernmärkte Südaustraliens. Es gibt frisches Obst und Gemüse, Käse, handgemachte Seifen, Blumen und Kunsthandwerk. Ich nehme mir fast immer etwas mit – sei es eine Flasche Olivenöl oder ein Stück Bienenwachskosmetik – eine schöne Erinnerung an den Geschmack und die Seele dieser Region.

Letzte Etappe: Sonnenuntergang, Stille und ein Hauch von Abschied
Wenn die Sonne beginnt, golden über den Rebstöcken zu leuchten, weiß ich, es ist Zeit, zurück nach Adelaide zu fahren. Oft wähle ich für den Rückweg die malerische Route entlang der Küste – über Sellicks Beach und Maslin Beach. Die Straße schlängelt sich zwischen Hügeln und Meer, das Licht der untergehenden Sonne spiegelt sich im Wasser, im Radio läuft leise Musik – und ich bin ganz im Moment. Manchmal halte ich spontan an, lasse die Füße im Sand versinken, schaue den Möwen zu oder mache ein letztes Foto mit der warmen Abendsonne im Hintergrund. Es ist dieser stille Abschluss eines Tages, der lange nachklingt.
Jeder Ausflug auf dieser Tagesroute ist anders.
Vielleicht entdecke ich ein neu eröffnetes Weingut, eine versteckte Höhle am Strand oder eine kleine, wunderbare Bäckerei. Genau das ist das Besondere an Südaustralien: Die schönsten Erlebnisse kommen oft ganz unerwartet. Ich erinnere mich an eine ältere Dame, die mir auf einem Markt hausgemachte Marmelade geschenkt hat – einfach so. Oder an ein Gespräch mit einem Winzer, der mir seine Geschichte bei einem Glas Shiraz erzählt hat. Solche Momente lassen mich spüren, wie lebendig und herzlich diese Region ist.
Wahre Reisen beginnen oft gleich um die Ecke
Wir glauben oft, dass eine „richtige“ Reise uns weit fortführen muss – doch manchmal liegen die berührendsten Landschaften nur wenige Kilometer entfernt. Die kleinen Orte rund um Adelaide erscheinen vielleicht unscheinbar auf der Landkarte, aber sie tragen den Geist dieser Region in sich: naturverbunden, kreativ, lebensfroh. Ob es die sanften Hügel des Adelaide Hills sind, die Salzwiesen bei Port Gawler oder das Lichtspiel über den Dünen von Aldinga – diese Orte erzählen ihre ganz eigene Geschichte. Man muss nur hinhören.
Wenn du das nächste Mal das Bedürfnis nach Tapetenwechsel verspürst, aber nicht weit weg willst – dann nimm dir einen sonnigen Tag, steig ins Auto und fahr los.
An die Küste, ins Weinland, auf den Markt oder einfach der Nase nach. Entdecke die versteckten Ecken rund um Adelaide – vielleicht warten dort neue Lieblingsorte auf dich. Pack dir ein kleines Picknick ein, lade deine Lieblingsmusik herunter und lass dich treiben. Du wirst staunen, wie schnell sich der Alltag auflöst, wenn der Blick frei wird für das, was direkt vor der Haustür liegt. Und vielleicht kehrst du am Abend mit einem Lächeln zurück – und einem neuen Ziel fürs nächste Wochenende.
Der Wind Südaustraliens bringt oft genau dann neue Geschichten, wenn du gerade abbiegst.
Es sind die unvorhergesehenen Wege, die oft zu den eindrucksvollsten Erinnerungen führen. Ein kleiner Umweg kann dich zu einem Sonnenuntergang führen, den du nie vergessen wirst – oder zu einem Gespräch mit einem Fremden, das dich berührt. Diese Region lebt von ihrer Spontaneität und ihrem offenen Geist. Wer bereit ist, sich treiben zu lassen, wird immer wieder aufs Neue überrascht – von der Natur, von den Menschen, vom Moment.