Adelaide wirkt oft wie eine unterschätzte Stadt. Sie ist nicht so laut wie Sydney und nicht so im Rampenlicht wie Melbourne, doch sie besitzt einen ganz eigenen, einzigartigen Charme in Südaustralien. Jedes Mal, wenn ich von Adelaide aus zu einem Roadtrip starte, entdecke ich kleine, kaum bekannte Orte, die auf keiner klassischen Reiseliste stehen. Es sind nicht einfach nur Fahrten, sondern Begegnungen mit der Tiefe Südaustraliens – mit der Wildnis, den Küsten, Weinbergen, Wüstenlandschaften und verstreuten Dörfern, die geduldig auf neugierige Reisende warten.

Heute möchte ich meine liebsten, kleinen und spannenden Selbstfahrer-Routen von Adelaide aus vorstellen. Mal wild, mal ruhig – aber immer voller Überraschungen. Wenn du genug von typischen „Instagram-Orten“ hast, dann begleite mich doch auf diesen Wegen und entdecke das sanfte wie raue Südaustralien mit dem eigenen Lenkrad.

Route 1: Adelaide – Port Elliot – Second Valley – Rapid Bay (2 Tage, 1 Nacht)
Schlagworte: Küstendörfer, geheime Strände, Klippenabenteuer

Diese Route ist mein liebster Wochenend-Trip. Jedes Mal heilen mich Meeresbrise und die typisch südaustralische Ruhe auf besondere Weise. Besonders an stressigen Wochenenden, wenn ich mich nach einer Auszeit vom Alltag sehne, bietet diese Strecke genau das richtige Maß an Entspannung, Natur und kleinen Entdeckungen, ohne weit fahren zu müssen.

Erster Halt: Port Elliot – ein sanftes Juwel an der Fleurieu Peninsula, nur etwa 1,5 Stunden Fahrt entfernt. Fast nie ist die Strecke überfüllt. In Port Elliot zieht es mich direkt zur Horseshoe Bay. Barfuß gehe ich dort am Strand entlang, während sanfte Wellen ans Ufer plätschern. Die Bucht ist hufeisenförmig, flach und ruhig – perfekt für Kinder. Ich gönne mir meist ein Fish & Chips vom Flying Fish Café und genieße es mit Blick aufs Meer, Möwen und das entfernte Rauschen der Surfer. Ein perfekter Moment. Wer mag, kann auch das kleine historische Zentrum erkunden, mit seinen Vintage-Läden und alten Bahnhofsgebäuden, die von der Vergangenheit erzählen.

Weiter Richtung Westen erreicht man nach knapp einer Stunde Second Valley. Für mich ist es einer der schönsten felsigen Küstenabschnitte Südaustraliens. Anders als das touristische Victor Harbor wirkt Second Valley wie ein versteckter Schatz am Rand der Karte. Mit Schnorchelausrüstung erkunde ich die Unterwasserhöhlen und treffe manchmal auf Tintenfische oder Seesterne. Wer gerne wandert, kann ein Stück des Heysen Trail entlang der steilen Klippen gehen – links das tosende Meer, rechts grüne Hänge, und der Wind klärt den Kopf. Am späteren Nachmittag taucht die Sonne die Küste in goldenes Licht, das besonders die zerklüfteten Felsen dramatisch zur Geltung bringt – ein Paradies für Fotografen.

Übernachten tue ich meist in Rapid Bay – ein abgeschiedener Campingplatz fast ohne Mobilfunkempfang. Nachts ist der Sternenhimmel hier atemberaubend, die Milchstraße scheint zum Greifen nah. Morgens ist das Meer spiegelglatt. Ich trinke Kaffee, starre aufs Wasser oder gleite mit dem Kajak lautlos dahin – besser kann ein Tag nicht beginnen. Wer früh genug aufsteht, kann sogar Delfine vom Ufer aus beobachten. Der Kontrast zwischen der morgendlichen Stille und dem tosenden Atlantik am Vortag macht die Erfahrung besonders eindrucksvoll – ein seltener Ort, der Einfachheit und Magie vereint.

Route 2: Adelaide – Burra – Peterborough – Quorn – Flinders Ranges (4 Tage, 3 Nächte)
Schlagworte: Outback-Dörfer, Eisenbahn-Nostalgie, rote Erde, indigene Kultur

Diese Route führt mich durch die filmreifsten Outback-Landschaften Südaustraliens. Die Dörfer entlang des Weges wirken, als sei die Zeit stehen geblieben, und die Flinders Ranges sind der spektakuläre Höhepunkt.

Etwa zwei Stunden nördlich von Adelaide liegt Burra – ein altes Kupferminenstädtchen aus dem 19. Jahrhundert. Hier sind viele viktorianische Gebäude gut erhalten. Ich entdeckte Burra zufällig und war sofort von seiner historischen Atmosphäre fasziniert. Mit dem „Burra Heritage Passport“ erhält man Zugang zu vielen Stätten wie Minenhäusern, unterirdischen Gefängnissen und alten Wassertürmen. Während man durch die alten Gassen schlendert, glaubt man fast, die Stimmen der Vergangenheit zu hören.

Weiter geht es nach Peterborough – ein kleines Eisenbahnstädtchen, das mich mit dem Steamtown Heritage Rail Centre begeistert hat. Alte Lokomotiven und Wagen erzählen von der goldenen Eisenbahnzeit. Besonders magisch ist das Sound & Light Show am Abend im alten Bahnhof – eine Reise in die Romantik vergangener Zeiten, die auch Kinder begeistert.

Am dritten Tag führt mich die Straße nach Quorn – dem Tor zu den Flinders Ranges. Dort verkehrt noch die historische Dampfbahn Pichi Richi Railway. Ich liebe es, in einem alten Waggon durch die karge Landschaft zu rattern – ein Gefühl wie aus einem alten Westernfilm.

In den Flinders Ranges übernachte ich meist in der Gegend um Wilpena Pound. Die rot glühenden Berge türmen sich majestätisch auf – wie Flammen aus Stein. Ich wähle gerne den Bunyeroo Gorge Trail – eine mittelschwere Wanderung, die mich in tiefe Schluchten und zu atemberaubenden Aussichtspunkten führt. Abends lehne ich mich in meinem Campingstuhl zurück, lausche den Geschichten der Aborigines über Sterne, Berge und Ahnengeister – ein tiefes, bewegendes Erlebnis, das die Landschaft mit Bedeutung füllt.

Route 3: Adelaide – Barossa Valley – Clare Valley – Mintaro (3 Tage, 2 Nächte)
Schlagworte: Wein, Langsamkeit, englisches Dorfidyll

Dies ist meine „gemütlichste“ Route – perfekt für Tage, an denen man nur genießen und durchatmen möchte.

Barossa Valley ist nur eine Stunde entfernt und weltberühmt für seinen Wein. Ich liebe besonders Seppeltsfield – ein Weindorf mit Werkstätten, Olivenölverkostungen und einem gewissen nostalgischen Flair. Man kann hier sogar einen Oldtimer mieten und zwischen den Weingütern stilvoll flanieren. Maggie Beer’s Farm Shop ist ein weiterer Favorit – hier genieße ich Snacks und beobachte freilaufende Pfauen im Garten.

Auf dem Weg ins ruhigere Clare Valley halte ich gerne in Kapunda oder Greenock – kleine Dörfer mit charmanten Bäckereien und entspannter Land-Atmosphäre. In Clare angekommen, nehme ich mir jedes Mal ein Fahrrad und fahre den Riesling Trail – eine alte Bahntrasse, die durch Weingärten und Dörfer führt. Die Luft ist klar, die Weinreben glänzen im Licht und der Wind streicht durch meine Haare – es ist wie ein Rausch aus Natur und Genuss.

Übernachten tue ich in Mintaro – einem der besterhaltenen englischen Dörfer Südaustraliens. Nur wenige Gassen, aber dafür alte Steinhäuser und romantische Gärten. Martindale Hall, ein herrschaftliches Anwesen, war Schauplatz des Films „Picknick am Valentinstag“ – und wirkt noch heute wie eingefroren in der Zeit. Ich übernachtete einmal in einem nahegelegenen B&B bei einer älteren Dame, die Scones und Tee servierte. Am Morgen waberte Nebel durch das Tal, während ich aus dem Fenster sah – es war wie in einem englischen Märchen.

Route 4: Adelaide – Coorong National Park – Kingston SE – Robe (3 Tage, 2 Nächte)
Schlagworte: Feuchtgebiete, Wildtiere, Südküste, Fischeridylle

Wenn du Natur und Vögel liebst, ist der Coorong National Park ein echtes Juwel. Er liegt etwa zwei Autostunden südlich von Adelaide – ein Ort, der viel zu oft übersehen wird. Kaum bist du aus der Stadt heraus, verändert sich die Landschaft: Weite Ebenen, Salzwiesen, und die ersten Dünen zeichnen sich am Horizont ab. Hier beginnt ein stilles Naturparadies, das einen sofort in seinen Bann zieht.

Der Coorong ist ein komplexes Feuchtgebiet aus Salzseen, Dünen und Lagunen – Heimat vieler Zugvögel. Ich halte gerne in Salt Creek und wandere auf dem Loop Trail oder Pelican Point Track. Über mir kreisen Pelikane, die Sonne glitzert auf dem Wasser – keine Touristen, nur der Wind und die Natur. Es ist meditativ, fast heilig. Die Wege sind gut ausgeschildert, und mit etwas Glück siehst du sogar Emus, Echsen oder einen Seeadler im Flug – ein echtes Geschenk für Naturfreunde.

Weiter südlich liegt Kingston SE – ein verschlafenes Fischerdorf, das mich zuerst mit seinem riesigen Hummer-Denkmal („The Big Lobster“) anzog. Doch geblieben bin ich wegen der frischen Meeresfrüchte und des entspannten Hafens. In einem kleinen Motel am Meer sitze ich abends mit einem Glas Weißwein und beobachte, wie die Boote im roten Licht zurückkehren – ein einfaches, ehrliches Glück. Die Menschen hier sind herzlich, man kommt leicht ins Gespräch, und beim Fischhändler gibt’s den Fang des Tages direkt vom Kutter.

Letzter Halt: Robe – für mich das „chilligste“ Küstenstädtchen Südaustraliens. Robe hat alles: alte Leuchttürme, europäische Straßen, wilde Küsten und Surfkultur. Long Beach ist einer meiner Lieblingsstrände – mit dem Auto direkt aufs Sand fahren, Picknick aufschlagen und dem Wellenrauschen lauschen. In der Stadt stöbere ich durch Boutiquen, trinke Kaffee in charmanten Cafés und besuche lokale Brauereien. Zum Abend gönne ich mir ein Seafood-Platter mit regionalem Weißwein – und der Tag klingt wie ein sanftes Lied aus. Wer möchte, kann den Tag mit einem Spaziergang auf dem Obelisk Trail beenden – von hier aus sieht man die Sonne im Ozean versinken.

Der Rhythmus des Roadtrips bestimmt die Tiefe deiner Reise

In Südaustralien ist das Autofahren mehr als nur Fortbewegung – es ist eine Haltung. Die kleinen Orte, die vergessenen Bahnhöfe, die stillen Buchten – oft sind es diese unscheinbaren Plätze, die mich am tiefsten berühren. Keine Menschenmassen, kein Spektakel – nur echte Seele. Das Tempo bestimmst du selbst, und genau darin liegt der Zauber: langsamer werden, hinschauen, fühlen.

Jede Route von Adelaide aus hat ihre eigene Persönlichkeit: mal ruhig, mal abenteuerlich, mal verträumt. Doch jedes Mal, wenn ich losfahre, finde ich ein Stück von mir selbst wieder – das, was im Alltag zu oft verloren geht. Man lernt, auf die Zeichen der Landschaft zu achten: das Licht, den Wind, die Stille. Und manchmal reicht ein Zwischenstopp an einem verlassenen Steg, um sich lebendig zu fühlen.

Wenn auch du nach einer Reise suchst, die dich berührt, dann nimm dir eine Karte, such dir eine Route aus und fahr einfach los. Die kleinen Straßen rund um Adelaide halten viele Überraschungen für dich bereit. Lass dich treiben, halte an, wo es dich hinzieht – und vielleicht entdeckst du dein eigenes kleines Paradies.

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